Eine kleine Mairede - Arbeit, Lieferketten, Frieden!

B.Marquis

Bei uns ist es ja mehr der Maibaum. Der Plieninger Maibaum wurde bereits am 30. April aufgestellt, einem Samstag, fürs Feiern günstig. Hier ist eine kleine Rede zum Ersten Mai, gehalten unter dem Maibaum:

A R B E I T

Arbeit ist eigentlich genug da, sie ist nur immer noch und immer wieder nicht gerecht verteilt. Schon durch Corona 2020 und 2021, und in diesem Jahr besonders durch den Krieg sehen wir, wie vernetzt wir eigentlich alle sind, wie global die Arbeit schon ist und wie ungerecht es zugeht auf der ganzen Welt.

G L O B A L I S I E R U N G UND L I E F E R K E T T E N

Über unterbrochene Lieferketten kann man klagen, aber es gilt auch, sie global gerechter zu machen, wenn wir sie wieder aufnehmen. Bei uns in den Automobilwerken - den Vorzeigewerken und Flaggschiffen der gesamten deutschen Industrie - stehen die Produktionsstraßen still. Warum? Weil wir keine Kabelbäume mehr haben. Wo kommen die her? Überwiegend aus der Ukraine, und dort ist Krieg. Warum aus der Ukraine? Weil Kabelbäume nicht vollautomatisch hergestellt werden, sondern noch von Hand zusammengeklemmt werden müssen. Und der Stundenlohn beträgt in der Ukraine nur 1,50 Euro. In der Türkei, wo es bereits eine aufstrebende, mit uns handelnde Automobilindustrie und -zulieferindustrie gibt, kostet die Stunde schon 6 Euro Lohn. Bei uns liegen die "Metaller" - zu denen übrigens auch alle gehören, die in der IT-Branche arbeiten - traditionell gut im Stundenlohn. Das ist auch richtig, aber die andere Seite der Medaille ist halt, dass die Industriearbeitsplätze dahin gehen, wo Niedriglohn gezahlt wird. Deshalb kommen die Kabelbäume aus der Ukraine, bzw. kommen sie jetzt nicht mehr. Weil Krieg ist. Und andere Standorte (Türkei, oder wie erwogen, Nordafrika) können das auch nicht von jetzt auf gleich ausgleichen. Also gibt es Engpässe. Und auch noch aus einem anderen Grund: Die Industrie hat keine Läger mehr; sie haben das Lager vor Jahren schon auf die Autobahn verlagert. Deshalb gibt es keine Vorräte, von denen man zehren, auf die man bei Engpässen zurückgreifen kann. Just in time ist nicht nachhaltig. Dass die Lieferketten unterbrochen werden, und dass das sehr schnell sein kann, haben wir schon zu Anfang der Coronazeit erlebt mit ewig langen LKW-Staus. Das ist nichts verglichen jetzt mit dem Krieg in der Ukraine.

Dieser Krieg führt uns auch unsere eigenen Vernetzungen und Abhängigkeiten vor Augen. Wir sind, unsere Wirtschaft ist bereits in einem hohen Maße mit anderen Ländern verflochten. Das ist eigentlich etwas Gutes, aber wie immer bei der Globalisierung: Sie muss gestaltet werden. So merken wir nun also unter den Bedingungen von Corona und Krieg die Risse im Netz. Und wenn wir dann die zerrissenen Verbindungen wieder aufnehmen, dann sollten wir uns bis dahin ein paar Gedanken mehr über die ökologische und ökonomische Verträglichkeit unseres Handelns, über die Nachhaltigkeit und über die Gerechtigkeit gemacht haben und die Beziehungen besser und gerechter neu aufbauen.

F R I E D E N

Frieden muss das erste Ziel sein, und dann der Stopp der Verschwendung auf der Nordhalbkugel und die Arbeit so zu reorganisieren, dass alle was davon abhaben!

Dr. Bettina Marquis